Nur 1 Woche nach der grandiosen Europaschau in Leipzig mit 500 Giant’s war in Nürnberg erwartungsgemäß nicht diese Tierzahl zu erwarten. 156 Giant Homer sind dennoch recht ordentlich. Neben bekannten Züchtern waren auch einige in Leipzig nicht vertretene Zuchten vertreten und konnten hier ihre züchterischen Leistungen der Öffentlichkeit präsentieren. Leider langte es nur für zwei „Deutsche Meister“ bei den Giant Homern. Michael Sachse in Blau mit Binden konnte seine beeindruckende Vorstellung von Leipzig wiederholen und neben Arndt Trepte in Rotfahl mit Binden diesen begehrten Titel erringen.
Unser Sonderrichter Tino Henkel und der erstmals bei einer Giant Homer Sonderschau eingesetzte Karsten Gehrmann übernahmen die Bewertung. Mit großer Gewissenhaftigkeit wurden ausführliche und zuchtstandsbezogene Kritiken verfasst. Wie in allen Kollektionen gab es Licht und Schatten. Nachfolgend geben die eingesetzten Richter ihren Schaubericht zu Ihrem Bewertungsauftag.

Überraschend in dieser Anzahl war der Aufmarsch von 43 Weißen. Nachdem wir eine Woche zuvor in Leipzig ein paar herausragende Giant Homer in diesem Farbenschlag gesehen haben, waren die Erwartungen groß. Bedauerlicherweise wurden sie nicht erfüllt. Die am häufigsten geäußerten Wünsche und Mängel habe ich einmal in einer Statistik zusammenzufassen.

Anzahl

Wunsch

Anzahl

Mangel

Summe   der Beanstandungen pro Rassemerkmal

(Wünsche   + Mängel)

35 %

Mehr Körpertiefe, mehr

Unterbrust

21%

Fehlende Körpertiefe, zu flach   im Körper

56%

30%

Hinterpartie kürzer

9%

Hinterpartie zu lang

39%

16%

Halsaufsatz kompakter, mehr   Halsverjüngung

2%

Zylinderhals, Flaschenhals

18%

40%

Halsfeder fester

14%

Zu loses Halsgefieder,   Halsfalten

54%

51%

Schnabel substanzvoller

5%

Schnabel zu spitz

56%

16%

Vorkopf gewölbter

9%

Fehlt Vorkopfwölbung, zu flach   im Vorkopf

25%

14%

Warzenrücken gefüllter

7%

Warzendruck

21%

5%

Warzen zarter, Unterschnabelwarzen beachten

9%

Warze zu grob, zeigt   Unterschnabelwarzen

14%

21%

Kopfkeil seitlich voller,   hinter der Warze gefüllter

 

 

21%

Besorgnis erregend sind die Rassemerkmale, die bei mehr als der Hälfte der vorgestellten weißen Giant Homer beanstandet wurden: Körpertiefe, Schnabelsubstanz, Halsgefiederqualität. Wenn man bedenkt, dass wir bei unserer Rasse besonderes Augenmerk auf die Körperform, wie auch auf die Kopfpunkte legen, wird deutlich, dass dann nicht viel übrig bleibt, was einen standardgerechten Giant Homer ausmacht. Bis auf einige herausragende Rassevertreter war die Durchschnittsqualität der Weißen in Leipzig und Brachstedt auch nicht wesentlich höher als in Nürnberg. Vielleicht sollte hier doch einmal eine Anleihe bei den Farbigen genommen werden. Sicher wird dieser Weg nicht von heute auf morgen zum Erfolg führen, aber auf lange Sicht gesehen ist es bestimmt einen Versuch wert (sg95: Edgar Eschig, ZG Paulus). Die 2 Roten waren ansprechend in Körperhaltung und Stand, sowie im Körpervolumen. Verbesserungs-würdig waren die Vorkopfwölbung, die Schnabelsubstanz und der massive Halsaufsatz. Außerdem wiesen sie Schwächen in der Farbgebung auf. Die Dominant Gelben (6) zeigten sich mit massiger und kompakter Körperform. Im Kopf waren sie kurz und gut gerundet. Wünsche bestanden in kürzerer Hinterpartie, fester aufliegenden Schwingen und einem substanzvollerem Schnabel. Das Halsgefieder war bei den Meisten recht lose oder faltig (sg95: Otto Krummradt). Die Jungtäuber in blau mit schwarzen Binden (28) hatten Vorzüge in Körperhaltung und Stand. Sie gefielen mit breiter Front und zumeist dem richtigen Verhältnis von Halslänge und Standhöhe. Weiterhin überzeugten sie mit breitem Keil und gut gewölbtem Vorkopf mit der passenden Gesichtslänge. In der Hinterpartie wurden sie kürzer und im Körper tiefer mit voller Unterbrust gefordert. Auch die Vorbrust hätte hier und da ausladender vorhanden sein können. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Hinterkopf gut gerundet ist und das hintere Halsgefieder gut anliegt, um den verpönten Hengstnacken zu verdrängen. Gerade die blauen 1,0 werden im Schnabel massiver und stumpfer gewünscht. Auf frei liegende Augen und Unterschnabelwarzen wurde hingewiesen (V und 2x HV: Michael Sachse).

Tino Henkel

 

Mein erster Bewertungsauftrag für den SV Giant Homer anlässlich der VDT-Schau war keine leichte Aufgabe. Eine Woche nach der Europaschau, versuchten Tino und ich ein abgestimmtes Bewertungsergebnis mit zuchtstandsbezogenen Kritiken abzuliefern.

Schon die vorgestellten 21 jungen „Damen“ in blau mit schwarzen Binden stellten eine Herausforderung dar, zeigten sie doch eine große Anzahl an verbesserungswürdigen Merkmalen. Zur Festigung des Typs muss einem stark aus den Schultern sich stetig verjüngenden Hals mehr Beachtung geschenkt werden. Wenn dann noch das Flügelschild breiter/runder wird und die Schwingen, wie auch die Schwanzfedern etwas kürzer gezüchtet werden, haben wir unseren erstrebten ausdrucksstarken Giant. Ein Paradebeispiel im Typ war hierfür in dieser Kollektion die mit hervorragend (Binden glatter) bewertete sehr junge Täubin von E. Plank. Sicher hätte sie im Warzenbereich ausgereifter sein können oder farblich noch edler erscheinen dürfen, aber ihre Proportionen überragten alles. Das im Gesamteindruck vollkommenste und mit feiner Farbe ausgestattete Tier zeigte W. Kirchner und errang vorzüglich. Die beiden 95er Tiere konnten typmäßig überzeugen, bei der von M. Sachse war die Schwanzpartie jedoch etwas reichlich und der Täubin von Kirchner wünschte ich einen noch massiveren Schnabel. Neun untere Noten belegen die anfangs erwähnte Bandbreite an verbesserungswürdigen Merkmalen. Oft waren hierfür jedoch die Auswahlkriterien der Züchter entscheidend. Denn Tiere mit weißen Bauch- und Aftergefieder, mit groben Fußballen, Kopfplatte oder dünnen Schnabel lassen nur einen sehr begrenzten Bewertungsspielraum zu.
Die 4,4 Rotfahlen von A. Trepte präsentierten sich ausgeglichen in Form, Stand und Haltung. Wünsche waren Rücken kürzer und abgedeckter, Schwanzpartie kürzer oder geschlossener. Eine etwas raue Feder im Kehlbereich verhinderte eine ganz hohe Benotung, so dass am Endes 3 mal sg 95P zu Buche stand.
P. Mayerhofer stellte 4,3 Gelbfahle vor. Bis auf eine Täubin mit reichlich Blauanteil waren die Tiere mit feiner Farbe ausgestattet. Leider wirkten sie reichlich müde, so dass einige ihr sicher vorhandenes Potential nicht voll ausspielten. Wünschenswert wäre ein kürzerer Vorkopf oder Schnabel, damit das Kopfprofil gleichmäßiger gerundet erscheint. Ein prima Vertreter hatte zum Zeitpunkt der Bewertung nur 11 Schwanzfedern und fiel in den g-Bereich ab.
Die Kollektion der 10,3 blau-dunkelgehämmerten Giants machte einen noch nervöseren Eindruck. Die Tiere von E. Plank mit Wünschen im Konditionsbereich (Kopfhaltung bzw. ständig glatteres Gefieder) errangen zumindest noch zweimal sg 95P.
Ein weiterer guter Formentäuber erhielt nur gut, weil er den Schnabel während der Bewertung ständig an den Hals drückte (Niedergesichtig). Weitere Wünsche bei den 1,0 waren: im Halsaufbau massiver, mehr Männlichkeit, Schnabel massiver und Hinterpartie kürzer. So kamen nur 8 x sg 93P und zwei gut heraus. Die 0,1 erreichten 2 x sg 94P und ein sg 93P. Einmal verhinderte der Wunsch nach festerem Gefieder (Schaukondition) eine bessere Benotung, den beiden anderen Tieren wurde eine bessere Vorkopfwölbung gewünscht.
Nur zwei ausgestellte blaugehämmerte Jungtäubinnen von H.-J. Groß waren prima aufgelegt. Überragend das mit vorzüglich honorierte Tier. Das straffe und glatte Gefieder war an diesem kompletten Tier bestechend. Immerhin gelang dem Tier der Sprung in die Championsklasse. „Herzlichen Glückwunsch“!
Weniger Grund zur Euphorie beim Bewerten der 7,4 Blauschimmel mit schwarzen Binden. Farblich mussten schon große Zugeständnisse gemacht werden, aber rötliche Binden und Schildeinlagerungen oder Scheckungsmuster sind in der Fehler/Mängel-Spalte zu erwähnen! Sattere Bindenfarbe ist noch als Wunsch formulierbar. Weitere Wünsche bezogen sich auf eine markantere Vorbrust, mehr Schnabelsubstanz und Scheitelhöhe bzw. Vorkopfwölbung. Der sg 95P-Täuber von E. Gräbeldinger sollte im Rücken kürzer wirken, bei den jungen Damen erreichte N. Höfler dasselbe Ergebnis.

Karsten Gehrmann