Spitzentiere züchten
Aus Spitzentieren züchtet man keine Spitzentiere oder doch?
Als ich mit der Rassegeflügelzucht angefangen habe, erzählten sich viele der älteren Zuchtfreunde, dass man aus V-Tieren nicht wieder V-Tiere züchten kann. Außerdem waren sie der Meinung, es sei besser ein Durchschnittstier als ein V-Tier zu kaufen. „V-Tiere kauft man nicht, V-Tiere muss man selber züchten“ hat mir ein erfahrener und erfolgreicher Züchter einmal gesagt. Auf der anderen Seite gibt es viele Züchter, die der Meinung sind, nur Spitzentiere helfen in der Zucht weiter. Man solle deshalb nur solche Tiere kaufen um sich zu verbessern. Sicherlich gibt es für diesen Sachverhalt keine pauschale Lösung, aber es ist wichtig zu wissen wo das Tier herstammt. Ein wichtiger Punkt beim Kauf von neuen Tieren ist keine Tiere zu kaufen, die Mängel aufweisen, denn diese festigen sich dann in der nächsten Generation. Wenn man Tiere mit Mängeln in seine Zucht einstellt, sollte man mindestens zwei Generationen lang besonders auf diesen Mangel achten. Ein gutes Beispiel für die Zucht von Tauben, welches oft von amerikanischen Züchtern und sogar von den amerikanischen Giant Homer Züchtern beschrieben wird ist, dass man sich eine Linie aufbauen soll, welche den Hauptbestandteil der Zucht ausmacht. Idealerweise besteht diese Linie aus mehreren Säulen, die man untereinander verpaaren kann. Bei Bedarf können in diese stabilen Linien Tiere aus anderen Zuchten eingekreuzt werden. Dabei sollte man jedoch immer überlegen, was man für seine Zucht benötigt, welche Stärken bzw. Schwächen die eigenen Tiere haben und wie dabei die gekauften Tiere weiterhelfen können. Leider sehen wir (die Züchter) immer nur den Phänotyp (das Erscheinungsbild des Tieres) und nicht den Genotyp (genetische Veranlagung des Tieres). Deshalb kann es vorkommen, dass wir uns in unserer Zucht nicht verbessern, obwohl wir ein V-Tier gekauft haben. Aber warum ist das so? Ein Grund dafür könnte sein, dass die Spitzentiere aus Linien stammen, die nicht gefestigt und die Geschwister von diesen Tieren nur von durchschnittlicher Qualität sind. Die amerikanischen Giant Homer Züchter beschreiben auf ihrer Homepage, dass man nur Tiere in die Zucht einsetzen sollte, von denen auch die Geschwister von überdurchschnittlicher Qualität sind. Falls man ein Tier hat, welches sowohl phänotypisch als auch genotypisch von überdurchschnittlicher Qualität ist, so sollte man möglichst viele Jungtiere von diesem Tier ziehen, am besten mit unterschiedlichen Partnern. Nach ein bis zwei Generationen kann man diese Tiere wieder untereinander verpaaren und somit das Gute aus dem Ursprungstier festigen.
In der Literatur (sowohl bei Brieftaubenzüchtern als auch bei Rassetaubenzüchtern) wird immer wieder von sogenannten Supervererbern gesprochen, von denen dann zahlreiche Spitzentiere gezogen wurden. Leider sind das Einzelfälle und die meisten von uns hatten bis jetzt nicht das Glück ein solches Tier im Bestand zu haben. Deshalb ist es wichtig, dass wir jedes Jahr versuchen uns zu verbessern und genau darüber Buch führen, aus welchen Tieren die besseren Tiere in unserem Bestand kommen. Außerdem sollte jeder, der eine gute Linie hat auch ab und zu ein paar Tiere daraus verkaufen oder verschenken. Das hilft uns allen in der Verbesserung der Giant Homer weiter.
Dr. Patrick Römer